Der beste Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung ist so hoch, dass der Kunde ihn gerade akzeptiert. Und die Höhe der Preisbereitschaft des Kunden ist bestimmt durch den von ihm wahrgenommenen Produktnutzen. Insoweit ist die entscheidende Prämisse einer Premium-/Hochpreisstrategie bereits formuliert. Es gilt für das Produktmanagement ein Produkt zu schaffen mit einen Nutzen, der vom Kunden erwartet wird und der höher ist als der seiner Wettbewerber. Schaut man nach erfolgreichen Premium-/Hochpreisanbietern, so trifft man auf Unternehmen wie Miele, Jura, Leica oder Apple für das B2C-Segment, Carl Zeiss, Cisco, Bosch, Stihl oder Trumpf für das B2B-Segment und Dienstleister wie McKinsey oder Accenture. Ihnen allen ist eine konsequente Premiumstrategie auf hohen Preisniveau gemeinsam. Neben einem herausragenden Produktnutzen zeichnet diese Unternehmen eine hohe Produktqualität, Services rund um das Produkt, eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur und eine absolute Markenstärke aus. Passt der Marketing-Mix, dann akzeptiert der Kunde einen Preiszuschlag von typischerweise 10 -30%.
Die spezifischen Kennzeichen einer Premium-/Hochpreisstrategie sind:
Produktnutzen: Beispiele Apple, Sennheiser, Stihl und Loewe
Das bekannteste Unternehmen mit einer Ausrichtung auf den Nutzen ist wohl Apple. Produkte wie der Mac, iPod, iTunes, iPad oder iPhones sind auf die Anwendung hin konsequent perfektioniert worden. „Der Ursprung von Apple ist das Bauen von Computern für Menschen, nicht für Firmen“ hat Steve Jobs einmal festgestellt. Verbunden mit dieser Nutzenorientierung kann Apple Preise im Markt durchsetzen, die deutlich oberhalb aller Wettbewerber liegen.
Sennheiser bietet ein Premium Headset-Portfolio, dass ebenfalls auf die Anwendungen optimiert wird, seien es Audiogeräte für den High End-Akustik-Fan, die Studio-Welt, Call Center oder das Büro und Unified Communications. Sennheiser ist auch ein Beispiel für viele andere erfolgreiche Unternehmen, die statt in der Angebotsbreite den Erfolg zu suchen, dies durch Fokus schaffen und das starke Wachstum insbesondere über die Internationalisierung generieren. So wurden bereits im Jahr 2012 84% des Umsatzes außerhalb von Deutschland erzielt.
Das Unternehmen Stihl produziert Motorsägen/Reinigungsgeräte (Stihl) und Gartengeräte (Viking). Der Fokus liegt auf dem professionelle Anwender und die Vermarktung erfolgt ausschließlich über den Fachhandel. Viele anwendungsnahe Innovationen (Leistung/Verbrauch, Gewicht, Vibrationen, Handhabung usw.) sind das Erfolgsrezept. Jahr für Jahr werden mehr als 100 Neuanmeldungen zum Patent eingereicht. Dies belegt die Innovationsfreudigkeit, aber auch den Weg zum Schutz vor Nachahmern. Stihl kümmert sehr aktiv sich um seine Zielgruppen mit weiteren Produkten zum persönlichen Schutz wie Arbeitskleidung, in Communities mit Kundennähe oder dem Sponsoring von Events wie z.B. einer internationalen Wettkampfserie im Sportholzfällen.
Innovationsfähigkeit ist die Voraussetzung für die Premiumstrategie. Loewe hat dies über viele Jahre bei Funktionalität und Design bewiesen. Als Loewe allerdings seinen technischen Vorsprung u.a. durch einen verspäteten Markteintritt bei den LED/LCD-TV-Geräten verlor, blieb nur die Hochpreisstrategie, was die Kunden nicht akzeptierten. Die Preisbereitschaft war nicht mehr gegeben.
Stimmt der Nutzen, so akzeptiert der Kunden auch eine proprietäre Lösung. Neben Patenten ist dies ein weiterer Ansatz zum Schutz des eigenen Marktes und Preisniveaus. Bekannte Beispiele sind Nespresso, Gardena, Intel oder SW-Produkte von Microsoft oder SAP.
Produktqualität: Beispiel Miele
Im Bereich der Haushaltsgeräte und der „weißen“ Ware gewinnt Miele mit seiner Produktqualität und dem damit verbundenen Image regelmäßig die Kundenzufriedenheitsabfragen. In den Köpfen der Kunden ist, dass ein Miele-Gerät durchaus 20 Jahre seinen Dienst tut und es Ersatzteile auch für die 10 Jahre alte Waschmaschine gibt. Die Mutter empfiehlt der Tochter Miele. Der Qualitätsanspruch ist seit Generationen im Unternehmen manifestiert. „Immer besser“ ist das gelebte Leitmotiv. Das gesamte Unternehmen ist auf Qualität ausgerichtet. Dazu gehört eine extreme Fertigungstiefe, da der Großteil der Komponenten von Miele-Geräten in Eigenregie produziert wird. Trotz der hohen Preise gewinnt Miele Marktanteile hinzu.
Services rund um das Produkt: Beispiel Festo
Services werden immer entscheidender, da das Differenzierungspotential über Produktfunktionen begrenzt sein kann. Viele Anbieter technisch komplexer Produkte bieten deshalb additive Services an. Ein besonders umfassendes Angebot zeigt Festo, einem Anbieter von Steuerungs- und Automatisierungstechnik. Die Produkte sind Teil eines Lösungs- und Dienstleistungsangebotes. Angeboten werden Services von produktnahen Dienstleistungen wie Ersatzteile, vor-Ort-Service oder 24h-Notfallservice über Diagnose und Einsatzberatung bis zur Anwendungsberatung und einer umfassenden Schulungsakademie Festo Didaktik. Die Anwender schätzen dies und sind dann auch bereit für Zusatzleistungen zu bezahlen.
Stabiles Preisniveau: Beispiel Apple
Absolute Preisstabilität ist das Kennzeichen eines Premiumanbieters. Apple und das iPhone ist ein gutes Beispiel. Obwohl immer mehr Anbieter in den Markt vordringen, hält Apple den Preis seiner iPhone-Smartphones stabil. Auch das aktuelle iPhone 5s ist ein Vermarktungserfolg und Ergebnisbringer. Die Vermarktung des iPhone 5c, einer Variante des Vorgängermodelles mit einem günstigeren Preis, ist ein Flop. Auf jeden Fall hat das iPhone 5c eine Absicherungsfunktion für das Preisniveau von Apple. Die Apple-Kunden werden durch das Angebot eines „günstigen Altgerätes 5c“ eher motiviert das aktuelle Gerät 5s zu kaufen.
Stimmt der Nutzen, ist es ein Fehler, den Preis zu senken. Der Weg zurück funktioniert selten.
Markenstärke
Das Markenmanagement, also die Marke des Unternehmens oder der Produkte im Bewusstsein der Kunden zu platzieren und von der Konkurrenz abzuheben, ist weiterer Schlüssel zum Erfolg der Premium-Strategie. Den Anbietern, den dieses gelingt, ist es möglich auch bei Nachfolgeprodukte mit dem Premium-Image und -preis starten. Miele und Apple sind gute Beispiele. Die Konsequenz ist, dass Produkte, die nicht diesen Anforderungen genügen nicht oder nur unter einer Zweitmarke vermarktet werden sollten.
Kostenstruktur
Gewinn ist die Voraussetzung eines jeden Unternehmenserfolges. Insoweit ist der Kalkulationsmechanismus, dass hohe Kosten zu hohen Preisen führen, falsch. Die beschriebenen Unternehmen optimieren ihre Prozesse und Fertigungen auf das Ziel Wirtschaftlichkeit, da nur hohe Preise und angemessene Kosten zu hohen Deckungsbeiträgen führen. Der Weg dorthin kann unterschiedlich sein. Viele fokussierte Unternehmen wie Stihl oder Miele managen die Prozesse und produzieren die Qualität selber. Sie entwickeln hierfür auch ein optimiertes Fertigungsequipment. Andere Unternehmen wie Cisco oder Apple lassen unter starker Kontrolle in Asien produzieren. Gemeinsam ist die stringente Steuerung und Kontrolle der Qualitätsprozesse.
Katalysator über alles ist der Vertrieb mit seiner Kompetenz und Kundennähe. Direktvertriebe sind natürlich einfacher zu steuern. Bei indirekten Vertriebswegen gilt es die Qualifikation und das Pricing der Partner aktiv zu steuern. Hinzu kommt ein intensives Push-/Pull-Marketing.
Gehören bei Qualitätsprodukten und Dienstleistingen bzgl. der Kommunikation auch Garantien dazu? Oder wäre das nicht zu empfehlen?
Excellenter Beitrag. Ich finde es gibt viel zu wenige Anbieter. Die im Hochpreissegment vertreten sind. Coaches Trainer die gutes Geld für einen Top Mehrwert bieten. Die meisten versuchen über den Preis den Kunden anzulocken. Ganz klar der falsche Weg.
Das finde ich auch. Alles wird zum Preiskampf, statt zum Qualitätskampf.