Der klassische Marketing-Mix mit der Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikations-Politik ergänzt um die Service-Politik erfährt durch die Social Media Welt weiteren Gestaltungsspielraum. Interaktion, Transparenz, Nähe und Glaubwürdigkeit sind die Basis einer neuen Qualität der Kunden- und Partnerbeziehung.
Schon zu Beginn des Social Media Zeitalters vor mehr als 10 Jahren befand das Cluetrain Manifest „Märkte sind Gespräche“, „Es gibt keine Geheimnisse mehr“, „Die Menschen in den vernetzten Märkten haben herausgefunden, dass sie voneinander wesentlich bessere Informationen und mehr Unterstützung erhalten, als von den Händlern und Verkäufern“ und “ Was mit den Märkten geschieht, geschieht auch zwischen den Mitarbeitern der Unternehmen.“
Einerseits steigt die Vergleichbarkeit der Produkte. In Foren und Communities wird gesprochen und sich ausgetauscht. Informationen zu Stärken, insbesondere zu Schwächen der Produkte gehen mit hoher Geschwindigkeit durch das Netz. Der Prozess ist nicht kontrollierbar und nur begrenzt steuerbar. Ländergrenzen, die klassischen Beschaffungswege und die übliche Produktdokumentation verlieren weiter an Bedeutung. Das klingt bedrohlich.
Andererseits erschließen sich für ein Produktmanagement durch die größere Nähe zu Kunden und Partnern Chancen in der Produktgestaltung und der Vermarktung, sowohl in der B2C als auch B2B-Welt. Ansätze im Marketing-Mix sind:
Produktpolitik
Anstatt Diskussionen in einem Forum zu verfolgen, macht es mehr Sinn seinen Kunden ein moderiertes Forum (Beispiel HP) zu bieten, um die Kundenwünsche zu erkennen und mit Feedback oder Hilfestellung zu versehen. Noch einen Schritt weiter geht das Unternehmen, welches aktiv seine Kunden um Ideen bittet und sie in den folgenden Entscheidungsprozess integriert (Beispiel Dell).
Ein extemes Beispiel für die Partnerkooperation und Zusammenarbeit ist Streetscooter und ein weiterer Ansatz für Einbindung von Kunden in die ersten Produkttests Leica. Es gibt viele Wege die Kunden und Partner mittels Social Media in die Produktgestaltung einzubeziehen, denn Kunden aktivieren sich gerne.
Die vielen Ideen, Meinungen und Wünsche potentieller Kunden und Partner bilden sich im Internet ab und lassen sich auch mit Hilfe der Suchmaschinen abgreifen. Tools wie Google Alerts, Socialmentions, Google Trends / Google Insights und die benutzerspezifische Google Suche helfen, um gezielt Wettbewerber, Produkte oder Themenfelder zu verfolgen. Ähnliches ist mit den Newsreadern in der Blog-Welt sinnvoll oder auch in dem Twitter-Umfeld mit Twitter Alerts und Plattformen wie Hootsuite.
Zum unternehmensinternen Sammeln und Bewerten sind Wikis die richtige Lösung. Wikis eignen sich von der Ideensammlung, über Lasten-/Pflichtenheft bis hin zur Anwendungsdokumentation (Beispiel Atlassian).
Service-Politik
Ziel der Service-Politik ist, sei es bezahlt oder unbezahlt, eine additive Differenzierung im Wettbewerb zu schaffen. Erfolgreich ist z.B. das Angebot einer Wiki-Plattform zu Produktlösungen und -anwendungen (Beispiel Siemens-SEN Wiki). Twitter, als schnelles Medium, kommt bei Telekom hilft oder Lufthansa für Service-Fragen zum Einsatz. Zentraler Ansatz ist die Bereitstellung von kundenorientierten Services in direkten Kontakt.
Distributionspolitik
Teure Direktvertriebswege und immer größere Vertriebsregionen zwingen zu neuen Vertriebsansätzen. Der additive oder unterstützende Vertriebsweg Internet hat Charme, da Entfernungen und Sprachen weniger relevant sind und die Kosten beherrschbar bleiben. Allerdings reicht eine Standard-Homepage nicht aus, um erfolgsversprechend eine Kundenbeziehungen zu entwickeln und pflegen. Aktuelle, vollständige und transparente Informationen, am besten mit Feedback- oder Bewertungs-Möglichkeit sind entscheidend. Blogs und Social Networks sind erfolgreich.
Es sind im Rahmen der Social Networks auch neue Vertriebswege entstanden. Vertrieb über Twitter ist möglich, wenn auch noch in den Kinderschuhen (Beispiel Dell). Charme haben die Social Media-Ansätze unter den Blickwinkel des Push-Pull-Vertriebsansatzes. Der Pull-Effekt kann gestärkt werden.
Preispolitik
Hier schafft die Transparenz Ergebnisrisiken. Unterschiedliche Länder mit unterschiedlichen Preisen zu bedienen, funktioniert nicht mehr. Schon bei wenigen Prozenten Marge bilden sich Graumärkte, so dass ein regionales Pricing z.B. in Europa immer weniger Sinn macht. Ein anwendungs-, nutzenorientiertes Pricing macht mehr Sinn.
Kommunikationspolitik
Neben der Produktpolitik spielt hier die Musik. Blogs eignen sich zur Markteinführung (Beispiel Opel) oder dem Nachweis der fachlichen Kompetenz (Beispiel ADAC). Die Kundenbeziehung wird gestärkt. Social Media lebt von der Mund-zu-Mund-Propaganda vieler unabhängiger Marktteilnehmer und ist zur Weiterleitung der Werbebotschaft glaubhafter als die klassische Werbung. Auch kleinere Unternehmen können eine große Wirkung erzielen.
Immer häufiger kommen Sharing-Plattformen für Video, Dokumente und Bilder zum Einsatz. Beispiele sind Installationshilfen, Produktwerbung, Whitepaper oder Produkt-Events. Besondere Erfolge entsehen, wenn durch das Netzwerk virale Effekte entstehen, so dass z.B. das YouTube VW-The Dark Side millionenfach aufgerufen wird.
Die Marketing-Budgets der Unternehmen haben sich in den letzen Jahren deutlich zu Gunsten von Online-Marketing verschoben. Auch an Facebook führt fast kein Weg vorbei.
Der Schlüssel für den Einsatz von Social Media im Marketing-Mix des Produktmanagement ist die Interaktion zwischen den Beteiligten, die zu zufriedenen Kunden, weniger riskanten Produktentscheidungen, effizienten Produktentstehungsprozessen und erfolgreichen Markteinführungen führt.
sehr interessanter Artikel! allerdings was ist da jetzt so neu zu „früher“? außer der Service-Politik seh ich hier ja eigentlich nichts!“ Eines fällt aber auch nämlich dass der direkte Kontakt mit dem Kunden überll im Fokus steht